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Eugen Jordi und Emil Zbinden erstellten 1949 im Auftrag der Stadt Bern im Schulhaus Wylergut ein grossflächiges Wandbild. Auf diesem verwendeten die beiden sozialistischen Künstler rassistische Stereotype, die damals auch von der europäischen Linken geteilt wurden. Ausführlicher zum Wandbild im Text von Etienne Wismer, Kunsthistoriker und Präsident des Fördervereins Emil Zbinden.

Die Stadt Bern hat 2019 einen Wettbewerb zum Umgang mit diesem Wandbild ausgeschrieben. Mit unserem Gewinnerprojekt Das Wandbild muss weg! moderieren wir die konservatorische Entfernung des Wandbildes – inklusive den Übermalungen – und seine zeitgenössische Vermittlung im Museum. Pädagogische Formate und öffentliche Anlässe ergänzen das Projekt.

Ziel des transdisziplinären Vorhabens ist eine gesellschaftsübergreifende Debatte zum schweizerischen Kulturerbe der Kolonialzeit, eine Reflexion des Nachwirkens von Rassismus in der Gegenwart und ein Beitrag zur zeitgenössischen Erinnerungskultur: Was ist für wen in dieser Stadt «erhaltenswert»? Wer definiert, was als erhaltenswertes Kulturerbe gilt? Wessen Kulturerbe bleibt von dieser Definition ausgeschlossen? Wie hängt die koloniale Vergangenheit mit einer postkolonialen Gegenwart zusammen?
FAQ
Was ist am Wandbild problematisch?
Das Wandbild zeigt eine Bildfolge, die dem Erlernen des Alphabets dient – (fast) jedem Buchstaben ist eine Darstellung zugeordnet. In den meisten Fällen sind dies Abbildungen von Tieren. Drei Buchstaben werden jedoch durch Abbildungen nicht-weisser Menschen visualisiert, die für fremde «Rassen» stehen und somit Tieren gleichgesetzt werden. Ein Effekt des Wandbildes ist also, zeittypische, rassentheoretische Differenzen herzustellen. Dies ist weiter ersichtlich durch die aufgerufenen kolonialrassistischen Fremdbezeichnungen, die heute nicht mehr verwendet werden (Buchstabe «N» für die Schwarze Person, Buchstabe «I» für die indigene Person der Amerikas).

Indem weisse Berner Schulkinder sich mit dem Wandbild nicht nur das Alphabet, sondern damit auch ein imperialistisches Weltbild aneignen, werden sie Teil einer europäischen «Zivilisation», die sich von wilden Tieren und «primitiven Rassen» in der Natur abgrenzt. Auch wenn dies nicht die Intention der beiden Künstler war, muss dieser Effekt in einem heutigen rassismussensiblen Kontext und einem diversen Schulhaus einbezogen werden.

Was geschah in jüngster Zeit mit den Kacheln C, I und N des Wandbildes?
Im Juni 2020 übermalten unbekannte Aktivist:innen die rassistischen Bildteile mit schwarzer Farbe. Der Gemeinderat der Stadt Bern, der Eigentümerin des Wandbildes und Schulhauses, verzichtete mit Verweis auf die Proteste der «Black Lives Matter»-Bewegung auf eine Strafanzeige gegen Unbekannt.

Foto: Attila Janes
Die Umrisse der dargestellten rassifizierten Menschen sind nach der Übermalung noch erkennbar. Sie wurden von Eugen Jordi und Emil Zbinden in die Wand geritzt.

Foto: Vera Ryser, 10. Februar 2022
Derzeit sind die Kacheln für die Buchstaben N und I auf Initiative einer Lehrperson mit gelbem Papier verdeckt. Das bemalte Papier zeigt die ursprünglich kleiner dargestellten Buchstaben bildfüllend und imitiert die originalen farbigen Bildränder. Die Kachel zum Buchstaben C ist nicht verhängt.

Foto: Vera Ryser, 10. Februar 2022

Warum soll das Wandbild ins Museum?
Wir vom Verein «Das Wandbild muss weg!» schliessen uns dem öffentlichen Druck, der sich im Sommer 2020 mit der Black-Lives-Bewegung manifestierte, an und sagen: Auch das Wandbild im Wylergut muss weg. Weg aus dem Schulhaus, denn dort ist es am falschen Ort für eine breite gesellschaftliche Debatte und Kritik. Stattdessen wollen wir, dass das Wandbild – mit den schwarz übermalten Kacheln – unter konservatorischen Richtlinien entfernt und einem Museum ausgehändigt wird, das die Aufgabe hat, die Geschichte Berns zu verhandeln, mit zeitgenössischem Blickwinkel und unter Berücksichtigung gesellschaftsrelevanter Diskurse. Das Wandbild soll als Beispiel dienen, wie mit den komplexen und verschränkten Entstehungs- und Wirkungsgeschichten von kulturellen Objekten und Abbildungen aus der Kolonialzeit zeitgenössisch umgegangen werden kann und soll. Denn das Wandbild ist nur eines von vielen Kulturgütern, die von der kolonialen Involvierung der Schweiz und dem Fortbestehen kolonialer und rassistischer Denkmuster bis in unseren heutigen Alltag hinein erzählen.

Was hat das Projektteam vor?
Die Abnahme des Wandbildes ist ein Teil des geplanten Vorhabens, das sich über den Zeitraum von vier Jahren erstreckt: Nach der konservatorischen Entfernung und Aufbereitung des Wandbildes wird es an das Bernische Historische Museum ausgehändigt. Dort wird es Teil eines Vermittlungsprogramms und der Öffentlichkeit präsentiert. An oder neben der Leerstelle im Schulhaus Wylergut will das Projektteam eine temporäre künstlerische Installation anbringen, welche den Erinnerungs- und Verlernprozess im Schulhaus begleitet. Die Form dieser künstlerischen Installation wird im Austausch mit Rassismus-betroffenen Menschen und den Projektbeteiligten entwickelt. Mit den Lehrer:innen im Schulhaus Wylergut sucht das Projektteam den Dialog und stellt ihnen und weiteren interessierten Lehrer:innen an Berner Schulen antirassistische Workshops zur Verfügung.

Kann das Vorhaben finanziert werden?
Ja. Bis Sommer 2022 konnte das Projektteam das vorgesehene Budget definitiv finanzieren.

Wer finanziert das Vorhaben?
Das Vorhaben (exkl. Vermittlungsprogramm am Bernischen Historischen Museum) wird mit folgenden Beiträgen finanziert:

Burgergemeinde Bern: CHF 10'000
Ernst Göhner Stiftung: CHF 15'000
Fachstelle für Rassismusbekämpfung, Eidgenössisches Departement des Innern EDI: CHF 30'000
Gwaertler Stiftung: CHF 7'500
Kultur Stadt Bern: CHF 55'000
Neues Wir, Eidgenössische Migrationskommission EKM: CHF 40'000
Pro Helvetia: CHF 25'000
Stiftung Corymbo: CHF 10'000

Wann ist offiziell, ob und wie das Wandbild konservatorisch abgenommen wird?
Ob das Wandbild konservatorisch abgenommen werden kann, wird in Kürze bekannt. Im Arpril 2021 wurde unmittelbar neben dem Wandbild eine Sondierungsbohrung vorgenommen um die geeignete Abnahmetechnik zu eruieren.

Foto: Vera Ryser, 23. April 2021

Wie kam es zum Wettbewerb der Stadt Bern?
Im März 2019 machten der Berner Rassismus Stammtisch und ein Artikel von Simon Gsteiger im Berner «Bund» publik, dass das Wandbild noch stets unkommentiert im Treppenaufgang im Schulhaus Wylergut zu sehen ist. Daraufhin entschied die Stadt Bern im Sommer 2019, einen Wettbewerb zum zeitgenössischen Umgang mit dem Werk auszuschreiben.

Wozu dient diese Webseite?
Die Webseite begleitet und dokumentiert den langen Weg zur Wandbild-Abnahme im Schulhaus Wylergut. Sie stellt aber auch Materialien zur Verfügung und vernetzt mit ähnlichen Vorhaben, mit gleichgesinnten Kollektiven und Initiativen.

Wo kann ich mehr über das Wandbild erfahren?
Auf dieser Webseite findet sich weiterführendes Material, darunter ein Themenset zum Wandbild. Der Projektverlauf inklusive Wandbildabnahme wird kontinuierlich dokumentiert unter News und Dokumentation. Auch wird die geplante Ausstellung im Bernischen Historischen Museum im 2024 eine historische und aktuelle Kontextualisierung des Wandbildes leisten.